SOS WEIMAR

Bauakustik

Unterschiedliche Grade an Vertraulichkeit: Offene Lerncluster erfordern eine differenzierte Betrachtung des Lärmschutzes. Unterschiedlich abgeschirmte Raumbereiche ermöglichen individuelles Arbeiten innerhalb der Lerngemeinschaften.

Kriterien für alle Planungsentscheidungen zu diesem Thema:

Ergebnisse Phase Null

Welche Empfehlungen aus der Phase Null liegen den Entscheidungen zugrunde?

In der Phase Null werden die Voraussetzungen und Bedarfe ermittelt, die sich aus dem Standort und dem Programm der jeweiligen Schule ergeben. Die Empfehlungen aus der Phase Null sind die Basis für den späteren Entwurf.

Die Bauakustik war in Weimar kein Thema der Phase Null und wurde in den weiteren Leistungsphasen im Zusammenhang der Grundrissentwicklung und Ausbauplanung betrachtet. Hierfür ist eine Einbindung der Nutzerinnen und Nutzer ratsam.

Normen & Richtlinien

Welche Rahmenbedingungen gelten für das Projekt und wie werden sie gelöst?

Die Normen und Richtlinien für den Schulbau variieren. Gleichzeitig sind viele geltende Richtlinien überholt. In jedem Projekt ist zu prüfen, wie vorhandene Vorgaben mit den Anforderungen vor Ort am besten zu verbinden sind.

Vorgaben der DIN und neue Raumtypologien

Eine besondere Herausforderung besteht darin, die Vorgaben des Schallschutzes für Schulen in Lernumgebungen mit hoher Transparenz umzusetzen. Die DIN 4109 für Schallschutz ist bauaufsichtlich in den meisten Bundesländern eingeführt und damit auch in der Planung umzusetzen. Aber transparente Abtrennungen wie Glaswände in Clustern oder offenen Lernlandschaften durchgehend mit dem gleichen hohen Schallschutz auszuführen wie konventionelle Klassenraumwände, würde nicht nur enorme Kosten verursachen, sondern führt auch am pädagogischen Bedarf vorbei.

DIN-Vorgaben nicht uneingeschränkt auf neue Raumtypologien übertragbar

Zum Schutz vor Schallübertragungen von einem Raum in den anderen werden in der DIN 4109-1 konkrete Vorgaben zu bewerteten Schalldämm-Maßen von trennenden Bauteilen in Abhängigkeit von der Nutzungsart der beiden getrennten Räume gegeben. Dabei gehen diese Vorgaben von der zentralen Vorstellung des konventionellen Schulbaus aus, dass ein Raum jeweils einer spezifischen Nutzung entspricht. Heute jedoch können sich Raumnutzungen bereits im Tagesverlauf sehr stark ändern und statt einer Aneinanderreihung gleich großer Klassenräume werden eine Vielzahl unterschiedlicher Raumgrößen benötigt. Das macht eine direkte Übertragung der Vorgaben nach Nutzungsart schwierig.

Bei den Vorgaben der DIN geht es um Gesundheitsschutz, also um den Schutz vor unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Schall aus angrenzenden Räumen. Diese Vorgaben mögen für separierte Klassenräume und hallende Schulflure erforderlich sein. Die unterschiedlichen Raumbereiche eines Clusters jedoch stehen zueinander in einem anderen Zusammenhang und bilden somit eine andere Raumkategorie als die in der Schallschutz-DIN behandelten Klassenräume. Gute Raum- und Blickbezüge sind wesentlich für Teamarbeit und den dynamischen Wechsel der Lehr- und Lernformate. Fragen des Schallschutzes sind natürlich ebenso zu beachten, jedoch geht es hier weniger um Gesundheitsschutz, sondern um den Grad an Vertraulichkeit und auch Gemeinschaftsgefühl, welcher zwischen abgetrennten, bzw. ab[1]trennbaren Raumzonen erreicht werden soll. Diese Fragen lassen sich kaum pauschal beantworten, sondern hängen wesentlich von dem individuellen Raumentwurf und dem raumakustischen Konzept ab. Die Frage also, welche Funktionen eines Clusters voneinander räumlich abgekapselt sind bzw. eine Abkapselung erfordern, und wie innerhalb einer offenen oder teiloffenen Fläche des gleichen Clusters gute Sprachverständlichkeit ermöglicht und gegenseitige Störungen vermieden werden können, hängen direkt zusammen. Bauakustik und Raumakustik müssen daher zusammen im jeweiligen Kontext des Raumentwurfes betrachtet werden.

Die Vorgaben der Schalldämm-Maße in der DIN beruhen auf einer Schallpegeldifferenz, die zwischen zwei Räumen erzielt werden soll. Hierfür spielt die Größe der Wandfläche eine entscheidende Rolle. Daher ist für Wandfelder von kleinen Differenzierungsräumen oder Besprechungsboxen, die sich wesentlich von der Größe konventioneller Klassenraumwände unterscheiden, zu prüfen, ob gegebenenfalls mit einem geringeren Schalldämm-Maß die angestrebten Pegeldifferenzen erreicht werden können (Gleichwertigkeitsnachweis über Berechnung der Schallpegeldifferenzen).

Die zu erwartende Lautstärke hängt entscheidend vom Nutzerverhalten ab. Hier spielt eine Rolle, ob unterschiedliche Nutzergruppen nicht nur einen Hör-, sondern auch einen Sichtbezug zueinander haben, dass sie also die Möglichkeit haben, ihr Verhalten einer anderen Gruppe anzupassen. Blickkontakt und Hörbezüge bilden die Basis gelingender Kommunikation und können bei der Planung nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. Der Schallschutz wird somit komplexer.

Bezug zu verwandten Raumtypologien

Wenn räumliche Abtrennungen innerhalb von Clustern und offenen Lernlandschaften nicht in die in der DIN 4109-1 Tabelle 6 genannten Raumkategorien fallen (Klassenraumwände, Flurwände), können Richtwerte für Raumnutzungen hilfreich sein, die typologisch den neuen Lernraumkonzepten ähneln. So werden in der DIN 4109 Beiblatt 2 Empfehlungen für bewertete Schalldämm-Maße von Innenwänden von Büros gegeben, die sich am Grad des Vertraulichkeitsanspruchs orientieren. Diese Empfehlungen können auch für Schulen eine Grundlage bieten, Schallanforderungen nutzungsspezifisch zu planen. Anzumerken ist jedoch, dass bereits ein mittlerer Vertraulichkeitsanspruch mit den Schallschutzanforderungen korrespondiert, die für konventionelle Klassenraumwände gelten.

Raumabtrennungen für Team- und Differenzierungsbereiche innerhalb der Lernlofts fallen nicht in die in der DIN 4109-1 Tabelle 6 genannten Raumkategorien – sie sind also weder Klassenraumwände noch Flurwände – und die DIN muss hier nicht angewandt werden. Es werden Schalldämm-Maße der Wände für passend empfunden, die den üblichen Empfehlungen für Bürotrennwände entsprechen. (Normale Schallschutzanforderungen für Wände zwischen Büroräumen mit üblicher Bürotätigkeit: R’w ≥ 37 dB aus DIN 4109 Beiblatt 2). Gespräche von hoher Vertraulichkeit können zeitlich auf den Schulbetrieb abgestimmt werden, oder es werden entsprechend andere Räume aufgesucht, z. B. die Besprechungsräume in der Verwaltungsetage.

Blick nach Norwegen

Ein Vorbild, wie Schallschutzwerte bedarfsgerecht ermittelt werden, zeigt das akustische Konzept der Ringstabekk Skole in Baerum bei Oslo. Die Akustik-Ingenieure haben die Schallschutzanforderungen der einzelnen Wände und Abtrennungen gemeinsam mit dem Kollegium definiert. Es ist wichtig, dass die Wände genau das leisten, was die Schule benötigt und die Lehrenden genau wissen, was der Schallschutz an Vertraulichkeit zulässt. Der Grundgedanke des Schallschutzkonzeptes geht aber noch darüber hinaus: Welcher Grad des hörbaren Erlebens ist für den sozialen Zusammenhalt der Schule notwendig? So ist z. B. das zentrale Forum, das Herz der Schule mit Cafeteria und Raum für die unterschiedlichsten Veranstaltungen, nur gering von den umgebenden Lernlandschaften schallisoliert, weil der Schule wichtig ist, dass gemeinschaftsbildende Schulaktivitäten im Gebäude wahrgenommen werden.

Schallanforderungen für Innenwände der Ringstabekk Skole (N)

Zwischen offener Lernfläche und Teamstation: R’w ≥ 34 dB
Gespräche zwischen zwei Personen können mitgehört werden, wenn man zuhört

Zwischen offener Lernfläche und Gruppenraum: R’w ≥ 24 dB
Gespräche zwischen zwei Personen können zwar mitgehört werden, wenn man zuhört, aber eine gewisse Intimität wird erreicht

Zwischen offener Lernfläche und Auditorien: R’w ≥ 48 dB
Sprache und laute Sprache sind nicht zu hören

Zwischen Forum (Campo) und Gemeinschafsflächen EG: R’w ≥ 37 dB
Normales Sprechen zwischen zwei Personen kann nicht mitgehört werden

Zwischen Forum (Campo) und offenen Lernflächen 1.OG: R’w ≥ 34 dB

Verwaltungsbereich (allgemeiner Bürostandard): R’w ≥ 24 dB

Wirtschaftlichkeit

Wie werden die spezifische Anforderungen im Projekt wirtschaftlich und nachhaltig gelöst?

Kosteneffizienz ist für jeden Schulbau ein wichtiges Ziel. Dabei gibt es viele Wege, um Wirtschaftlichkeit im Projekt und entlang der Anforderungen zu realisieren.

Wandelbarkeit

Der Zielsetzung der Wandelbarkeit trifft beim Schallschutz auf besondere Herausforderungen, da in Bezug auf Schalldämm-Maße Rohbauanschlüsse eine höhere Bedeutung haben.

In Weimar sollen alle Einbauten reversibel ausgebildet werden. Das bedeutet, dass trennende Bauteile den Fußbodenaufbau – hier: den Estrich – nicht unterbrechen sollen. Zur Unterbindung der Flankenübertragung wäre es jedoch besser, dass die Trennwände direkt auf dem Rohboden stehen.

Um zukünftige Anpassungen der räumlichen Struktur eines Stockwerks an eine grundlegend andere Nutzungsform zu erleichtern, unterbrechen die Trennwände der Differenzierungs- und Teamräume den Fußboden jedoch nicht. Dadurch lassen sich zwar Trittschall- und Flankenübertragung durch den Boden nicht so stark verhindern, dennoch entsprechen die Schalldämm-Maße der Wände den üblichen Empfehlungen für Bürotrennwände. (Normale Schallschutzanforderungen für Wände zwischen Büroräumen mit üblicher Bürotätigkeit: R’w ≥ 37 dB aus DIN 4109 Beiblatt 2).

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